Ich hab lange genug ausgehalten, jetzt muß ich doch ein paar Zeilen zum Chaos im Kaukausus loswerden. Nach einem Wochenende intensiver Fernsehbilder, einem knapp einwöchigen Krieg und dem jetzt von russischer Seite verkündete Waffenstillstand besteht vielleicht die Chance, daß mein Getippe nicht in den nächsten paar Stunden schon wieder obsolet ist.
Der Ablauf in Kürze:
- 2004: Der georgische Staatschef Saakashvili kommt an die Macht mit dem Versprechen, unlängst verloren gegangene Gebiete wieder zurückzugewinnen. Im weiteren Verlauf wird heftig in militärische Hardware investiert.
- Nach einem gemeinsamen Manöver mit den Amerikanern holt der Georgier tief Luft und schickt in einem Moment kompletter geistiger Umnachtung seine Mannen ins umstrittene Südossetien. Der Beschuß der Hauptstadt dieses Landeszipfels mit MLRS ist zwar medienwirksam, aber ineffektiv. Der Verbindungstunnel zu Nordossetien bleibt unbehelligt.
- In diesem Moment ist sicherlich ein Lachen durch das russischen Hauptquartier gegangen, eine bessere Gelegenheit hätte sich kaum entwickeln können.
- Ganz wie es Guderian einst formulierte ("nicht kleckern, sondern klotzen!") werfen die Russen nun die geballten Kräfte auf die Georgier, ein in den Tagen der assymmetrischen "Jihad" Kriegsführung selten gewordenes Schauspiel. Dabei wurden die georgischen Truppen vermutlich total aufgerieben.
- Die Schwäche ihrer Gegner ausnutzend kommen nun die Abkhazier (wie schreibt man die noch?) in Fahrt und versuchen ebenfalls ihre territorialen Verluste wieder herzustellen.
Soweit, wenig erfreulich für Menschen, Häuser und Material. Es bleiben für mich wichtige Fragen unbeantwortet:
- Warum planieren die Russen Georgien nicht vollständig und ersetzen die von ihnen ungeliebte Regierung?
- Welche Absprachen haben zwischen den USA und Georgien stattgefunden, auf welche Zusagen haben sich die Georgier verlassen?
- Warum war der Westen derart ahnungslos? Welche politischen Ziele verfolgt die EU außer weich-eirig einen Waffenstillstand zu fordern?