Die feindlichen Brüder


Könnt Ihr euch vorstellen, daß ein Kerl, der so ein Panorama hinterm Haus hat von hier weg will? Gut, er hat schon seine Gründe..

Am Rhein gibt es allerlei Gemäuer, wahrscheinlich schon ganz blaß geworden von der andauernden Knipserei durch die elenden Touristenhorden. Die "feindlichen Brüder" sind 2 kleinere Burgen (Sterrenberg und Liebenstein), die nur etwa 100m auseinander auf einem Felsvorsprung liegen. Warum sie so heißen? Offensichtlich gibt es mehrere Varianten. Mir persönlich gefällt die mit der blinden Schwester am besten. Diese wird bei der Erbfolge betrogen (sie sieht ja nix) und die Brüder (reicher als sie sein dürften) streiten sich trotzdem weiter. Ja, die Gier. Jeder in seiner Burg, dicke Mauer dazwischen. Nach der Versöhnung eine Jagd beschließend, will derjenige, der früher aufwacht den anderen mit einem Pfeilschuß gegen den Fensterladen wecken. Leider werden sie gleichzeitig wach. Das ist wahrlich ein Zeichen, daß Murphys Gesetz schon seit langer Zeit gilt.
Besucht haben wir dann aber Burg Rheinfels in St. Goar. Größte Burg am (Mittel?)Rhein. Das wirkt heute immer noch so, auch wenn nur noch ein kleinerer Teil (ca. 30%) der Festungsanlagen zu sehen ist. Ein unglaubliches Getümmel an Mauern, Wehrgängen und Türmen. Nach dem durch vorzeitige Übermüdung der kleineren Besucher bedingten Abbruch eine Sitzung in der Fußgängerzone. Wie im Kino, man hört japanisch, spanisch, italienisch alles quer durcheinander. Mir war bis dahin gar nicht klar, daß es überhaupt so etwas außerhalb des Binnentourismus gibt. Selbst in Hamburg hat man nicht wirklich den Eindruck, als stapelten sich ausländische Gäste an irgendwelchen Stellen (außer vielleicht den Hafenfähren). Ich wunderte mich. Diese Leute werden dann unter den Klängen der übelsten Schlagergassenhauer ("In München(!!) steht ein Hofbräuhaus") über den Rhein geschippert, sehen ein paar Burgen, die größte Kuckucksuhr von dem wo gibt und dürfen sich dann die Auslagen anschauen (bemalte Bierkrüge ab 96€). Wenn da keine Vorurteile gepflegt werden dann weiß ich auch nicht.
Zurück bei unseren Gastgebern* am Rande eines Fleckens im Hunsrück. Wenn man draußen steht und die Terassentür hinter sich zumacht hört man fast nichts mehr. Hinter dem Haus endlos Acker, Wald, viel Himmel und schöne Beleuchtung. Denke mir so, das ist doch unser Land. Hier möchte man sein! Es ist ein Jammer daß soviele Stellen schon so zugebaut sind, daß man das nicht mehr wahrnimmt.
*) hey, ich kann nix dafür daß man da nix sehen kann! :-)

2 thoughts on “Die feindlichen Brüder

  1. jetzt wo dus ausgegraben hast. ja genau, die variante mit der schwester die beschissen wird, ist genau das was in jedem aelteren mittelrhein sagenbuch steht und damit jeden kind unseres alters irgenwann mal vorgestellt worden ist *G*

    hmm nu muss ich wohl doch ma was mit meier domain machen, ja ?

  2. AFAIK ist der rheinfels in der tat die groesste burg am mittelrhein weil zur der qualifikation als burg wohl gehoert dass sie als solche auch benutzt wurde. das gilt fuer eine menge “burgen” gerade am mittelrhein eben nicht. viele der gemaeuer sind in der rheinromantik ende des 18 und im 19 jahrhundert entstanden, einer zeit also in der das konzept der burg auf grund der mittlerweile doch ausgesprochen ausgefeilten schusswaffen militaerisch schon stark aus der mode gekommenn war.

    die herren fanden trotzdem gefallen und haben dann gemaeuer gemauert die doch recht stark mit zinnen und tuermchen versehen waren.

    der hauptsaechlich in frage kommende konkurrent zum rheinfels, die festung ehrenbreitstein ist in ihrer festungsform eher auf diese zeit zurueck zu fuehren und war vorher eine eher durchschnittliche burg.

    was die absolute groesse angeht ist auch davon auszugehen dass die vollstaendig erhaltene ehrenbreitstein nur bedingt an dimension der hochzeit des rheinfels heran reicht.

    ausserdem kommt beiden burgen eben eine sehr unterschiedliche strategische bedeutung zu. bei sankt goar ist nach wie vor die engste stelle des rheins und damit die am leichtesten zu kontrollierende. das haben sich die zoll- eintreiber seit erfindung des zoll konzepts zu nutze gemacht und insofern war dieses oertchen schon seit jeher ein sehr bedeutender siedlungspunkt. in koblenz wurde dagegen der uebergang von rhein zur mosel und damit ein militaerischer nachschubweg kontrolliert, der erst mit erfindung der dampfschiffahrt zu seiner grossen bedeutung kam. der im 16 jahrhundert beschlossene ausbau zur festung wurde ca. 1800 von den preussen massiv ueberarbeitet nachdem sie das gemaeuer von den franzosen zurueck erobert hatten. im uebrigen wurden zum aufbau die steine aus der ruine rheinfels verwendet.

    der rheinfels selbst hatte schon mehr als 150 jahre frueher diese grosse bedeutung erlangt. nach dem schleifen durch die franzosen allerdings nie wieder zurueck gewonnen.

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