Swift as a deer.
Alles fing damit an, dass ich eine Empfehlung bekam: "Diese Fernsehserie schau dir an, wenn du auch sonst nie was anschaust. Aber die musst du sehen!"
Irgendwann tat ich das auch und war sofort hin und weg. Diese HBO Edel-Produktion (nicht zu verwechseln mit Ser Edel) ist neben wenigen anderen Serien ein absoluter Meilenstein. Eigentlich sagen mir mittelalterliche Fantasy-Themen nicht sonderlich zu. Aber hier mache ich eine Ausnahme. Doch dann: Auftritt meines Ex-Kollegen beim Mittagessen. "Verfilmt? Pah, die Bücher, die musst du lesen. Ich hab sie schon zwei Mal durch!" Von den Büchern gibt es bisher 5, jeweils an die tausend Seiten stark. Dieser Mann hatte also schon richtig Zeit investiert. Ich also bei Amazon geordert und dann den Festmeter Holz angegriffen. Ein Quartal später habe ich alles was verfügbar war konsumiert, Zeit für ein kleines Resümee. Ich bin hier auf der sicheren Seite, wenn man die Erscheinungstermine extrapoliert, kann man sicher nicht vor 2014 mit dem nächsten Buch ("The Winds of Winter") rechnen.
Quiet as shadow.
Worum geht es also? Es ist die Geschichte des fiktiven Landes Westeros, das Land der 7 Königreiche. Geschichtlich übertragen würde das Leben etwa mittelalterlich sein, ich würde sagen so um das Jahr 1200 herum. Hier gibt es Ritter und Burgen, Seefahrer, Vasallen und freie Städte, aber auch mythische Elemente wie Drachen, Nachrichten übermittelnde Raben, Menschen, die sich das Bewußtsein von Tieren zu eigen machen können, Magier und die mysteriösen "Others", eine Art Horde Untoter, die im Schutz der Kälte aus dem Norden kommt. Die Handlung besteht im Wesentlichen aus dem Kampf um die Vorherrschaft in diesem Land, die mit Hilfe von Kriegen, Heiraten und Intrigen häufig den Besitzer wechselt. Keine Fraktion hat eine wirklich übermächtige Position, so daß ständige Wendungen die Regel sind. Die Handlung wird nicht durchgängig erzählt, sondern jeweils aus der Sichtweise einzelner Protagonisten. Das passiert teilweise parallel, an anderer Stelle durch "Hörensagen", so dass man den Fortgang der Handlung dann beispielsweise durch eine Nachricht oder ein Kneipengespräch am Rande mitbekommt. Klingt umständlich, funktioniert aber im großen und ganzen richtig gut. Einzelne Figuren wachsen einem nach einiger Zeit richtig ans Herz, wie z.B. der zwergenwüchsige Tyrion Lannister, dessen Hauptbegabung Intrige und schlaue Sprüche sind oder Arya Stark, ein kleines Mädchen das, ständig auf der Flucht, eine Odyssee durch Westeros erlebt bis sie schließlich als.. nein, das verrate ich nicht :-)
Fear cuts deeper than swords.
Die Fernsehserie:
Die erste Staffel setzt Maßstäbe im Bezug auf Ausstattung, schauspielerischer Leistung, Vorlagentreue und, ich würde fast sagen Detailverliebtheit. Es geht auch noch irgendwie, denn die Vorlage ist relativ übersichtlich und baut einen kontinuierlichen Spannungsbogen auf. Was danach kommt allerdings.. ich habe es aufgegeben, denn ich glaube nicht, daß irgendjemand genau verstehen kann, was sich eigentlich wirklich abspielt. Zuerst also Buch lesen, dann geht es einigermaßen. Im Film, wie im Buch taucht z.B. die Figur des Stannis Baratheon halbwegs unmotiviert auf. Warum er in der nächsten Folge auf einmal auf See ist, nachdem sein Bruder ermordet wurde und alles, was auf die Schlacht von Blackwater Bay zuläuft erzeugt eher Kopfkratzen. Ich hätte jedenfalls ohne meine Vorbildung nicht viel verstanden. Nächstes Jahr soll es mit der dritten Staffel weitergehen, 10 Folgen, die das Buch "A Storm of Swords" abbilden.. keine Ahnung, wie das gemacht wird ohne die Hälfte wegzulassen bzw. zu verdrehen. An dieser Stelle kann ich nur wärmstens die Lektüre (für die Leseschwachen wegen mir auch die Hörbücher) ans Herz legen. Wenn man einen Vergleich zum Herrn der Ringe ziehen mag, fällt hier die TV Umsetzung doch stark ab, so sehr sie sich auch bemüht, die Vorlage einzufangen.
Trotz allem Gemecker, für manche Figuren hat der Produzent einfach die perfekten Schauspieler gefunden. Meine Favoriten:
- Tyrion Lannister (Peter Dinklage)
- Catelyn Stark (Michelle Fairley)
- Lord Commander Jeor Mormont (James Cosmo)
- Theon Greyjoy (Alfie Allen)
- Queen Cersei Lannister (Lena Headey)
Quick as a snake.
Gibt es auch was zu meckern? Ich krittele gern an Sachen herum, das ist bekannt. In diesem Fall gibt es aber nicht viel zu sagen. Ich halte den Einstieg für schwer, denn zu Anfang wird die Welt gleich riesig aufgespannt, deren Akteure man erst nach und nach genauer kennenlernt. Man wünscht sich öfter eine Landkarte, gerne im Schulklassenformat an der Wand, wenn man mal wieder unsicher ist, wo genau sich eine Stadt / Land / Fluß gerade wieder befindet. Da die Geschichte immer mehr in die Breite geht, hat man spätestens Ende Buch 3 sehr viele Fäden in der Hand. Und schade ist dann, daß gerade oft "langweiligere" Fäden detailliert weitergesponnen werden und manche interessanten Dinge aus meiner Sicht viel zu schnell abgehandelt werden. Ein Beispiel wäre da die Ereignisse rund um die Iron Islands und die Eroberung von Meereen. In Band 4 und 5 ist die Geschichte dann so breit, dass die Bücher chronologisch parallel ablaufen, was ich für etwas unglücklich halte. Hier hätte eine Reduzierung bei manchen schier endlosen Reisebeschreibungen (z.B. Brienne und Tyrions Flucht) ganz gut geholfen.
Last but not least sinkt die Qualität mit jedem Buch ab. Das fällt nicht so richtig auf, denn man wird immer mehr in die Geschichte eingesaugt, aber allein was Band 1 an Dialogen bringt, kommt in den folgenden 4 Büchern zusammen in der Qualität nicht mehr an. Man merkt den Bänden einfach auch die schiere Masse an. Ich glaube, R.R. Martin änderte zwischendrin immer wieder den ganz großen Zusammenhang, was man an gewissen unzusammenhängenden Elementen merkt. Oder man weiß nicht richtig, was er mit den Figuren noch anfangen soll/wird, die dann teilweise wieder in der Versenkung verschwinden. Aber davon ab, das war mit die beste Lektüre seit langem, die ich sehr genossen habe. Warum gibt es solche Bücher nicht von deutschen Autoren?
Calm as still water.
Hodor?! Hodor!