Über ein Jahr später setze ich endlich meinen Weg fort. Ich hatte es mir einfacher und schneller vorgestellt, aber es klappte einfach nicht früher. Der Startpunkt war am Feldberg, ziemlich genau dort, wo ich letztes Jahr abbrechen musste. In der Nacht hatte es gewittert und viel Regen ist gefallen. Der hatte inzwischen aufgehört, aber der ganze Berg noch in Wolken und Nebel gehüllt. Ich gehe trotzdem früh los. Natürlich begegnet mir kein Mensch. Es sind mir an dem und den folgenden Tagen überhaupt nur sehr wenig Wanderer begegnet. Oben auf der ersten Kuppe ("Grüble") kurze Orientierungslosigkeit, dann, klar, hier weiter. Ich durchquere einen Kuhzaun und höre schon das Gebimmel im Nebel. Kurze Zeit später stehen wir uns gegenüber: Das Schwarzwälder Milchvieh auf dem Weg, Köpfe in meine Richtung (sie haben mich nicht kommen hören), ich auf der anderen. Ich gehe 50 Meter zurück und nehme den parallel verlaufenden Wirtschaftsweg. Vor Kühen habe ich Schiss Respekt. Am nächsten Tag hatte ich nochmal eine ähnliche Begegnung, allerdings ohne Ausweichmöglichkeit. Mein Glück, dass der Jungkalb-Bulle noch so klein war, dass er vor mir davongesprungen ist.
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Kurze Zeit später erreiche ich den "Gipfel", der eigentlich gar keiner ist. Der Feldberg ist unspektakulär platt. Leider ist die Sichtweite immer noch 50m, so dass ich mich nicht aufhalte. Aber auf dem Abstieg Richtung Wilhelmer Hütte reißt auf einmal die Wolkendecke auf und im weiteren Verlauf wird es immer sonniger und weitsichtiger. Der folgende Weg über den Stübenwasen zum Notschrei ist sicherlich einer der bekanntesten Wanderwege des Schwarzwalds. Es geht sich ganz gemütlich ohne große Höhenunterschiede, oft auf gut federnden Waldwegen. Am Notschrei ist offen. Praktisch, ich brauche einen Kaffee. Dahinter geht es durch ein schönes Naturschutzgebiet zum Wiedener Eck. Das ist wieder eine nette Gastronomie-Installation an der Durchgangsstraße. Ich möchte aber nichts und fülle nur meine Wasserflasche im Brunnen nach. Es folgt eine schöne Waldpassage, die in einem tiefen Einschnitt (die "Krinne") endet. Dort wollte ich eigentlich schon nach links Richtung Multen abbiegen, meiner Übernachtungsstation. Aber es ist noch früh und das Wetter ist schön. Da es morgen regnen soll, beschließe ich den Belchen heute noch zu besteigen. Es sind nicht wirklich viele Höhenmeter, aber in der dämpfigen Luft gibt es einen ordentlichen Schweißausbruch. Irgendwann stehe ich oben und kann in die Ferne sehen. D.h. man kann ab und zu in die Ferne sehen, denn, kurios, der Gipfel befindet sich ziemlich exakt auf der Höhe der Wolkenunterkante, so dass man immer wieder auch gar nichts sieht :)
Die Landschaft breitet sich weit unter einem aus, fantastisch. Neben der Badener Höhe der bislang schönste Punkt der Wanderung. Auch gut: Etwas unterhalb gibt es Gastronomie, wo man mit einem Radler an der sonnenbeschienenen Steinmauer sitzen kann. Extrapunkt :) Es gibt hier sogar eine Bergbahn, die Belchenbahn, die nach ihrem Aussehen eher Bällchen-Bahn heißen müsste. Aber die Batterien halten noch, ich laufe zu Fuß runter nach Multen. Das ist nicht ganz so toll zu laufen, denn der Weg verläuft auf der Skipiste und schon wieder Milchvieh... ;-)